Im Oktober haben wir analysiert, wie viele Haushalte in Deutschland ein TV-Gerät besitzen, auf dem TV-Apps genutzt werden können. Heute schauen wir in den Süden und vergleichen das mit dem Schweizer Markt. Dieser ist augenscheinlich dem Deutschen sehr ähnlich, aber der genauere Blick offenbart spannende Unterschiede.
Dies beginnt damit, dass TV-Geräte mit Internet-Verbindung in der Schweiz schneller Marktanteile gewonnen haben als in Deutschland. Bereits Anfang 2011 verfügten mehr als 20 % der Schweizer TV-Haushalte über ein „smartes“ TV-Gerät, zwei Jahre früher als in Deutschland. Und die Schweizer haben diese Geräte mit mehr Begeisterung gekauft: 2018 verfügten bereits mehr als
80 % über ein internetfähiges TV-Gerät. Rechnerisch wird dieser Wert erst 2024 in Deutschland erreicht.
Ausschlaggebend für diese Unterschiede: In der Schweiz dominieren die großen TV-Anbieter Swisscom und UPC/sunrise. Die Kosten für den TV-Empfang sind im Nachbarland vergleichsweise hoch, dafür erhält der Kunde aber auch seit vielen Jahren leistungsfähige Set-Top-Boxen mit hochqualitativer Software, die auch TV-Apps unterstützen. Während die aktuellen Gerätegenerationen von MagentaTV und GigaTV in ca. 20 % der TV-Haushalte in Deutschland zu finden sind, so verfügen über
70 % der TV-Haushalte in der Schweiz über ein aktuelles Produkt der TV-Plattformen.
Entsprechend weniger wichtig sind die Smart-TV-Plattformen in der Schweiz. Zwar dominiert Samsungs Tizen hier noch deutlicher, aufgrund der oben beschriebenen Bedeutung der Operator-Plattformen ist die Nutzung deutlich geringer.
Vielleicht liegt hierin auch der Grund, dass Amazon sein in Deutschland sehr erfolgreiches FireTV-Produkt in der Schweiz kaum und nur eingeschränkt anbietet. Während es in Deutschland eine der wichtigsten Plattformen für App-Anbieter darstellt, ist es in der Schweiz irrelevant.
Ein weiterer Unterschied zum deutschen Markt ist die Bedeutung des HbbTV-Standards. In Deutschland ist dieser für viele Sender einer der wichtigsten Wege, den Zuschauer im Wohnzimmer zu erreichen, da viele Haushalte nicht über eine Set-Top-Box verfügen, die TV-Apps unterstützt. Die große Beliebtheit genau dieser Plattformen sowie ein unterschiedlicher medienrechtlicher Rahmen führen dazu, dass in der Schweiz nur wenige Nutzer HbbTV-Angebote wahrnehmen. Und dies, obwohl die technische Verbreitung des Standards deutlich höher ist als bei uns.
Es zeigt sich also: Anbieter von TV-Apps sollten ihre Zielmärkte möglichst genau analysieren, bevor Investitionsentscheidungen getroffen werden. In unserer Analyse des deutschen Marktes haben wir gezeigt, wie erfolgskritisch Kooperationen mit den TV-Plattformanbietern sind. In der Schweiz gilt dies umso mehr: Möchte man hier neue Angebote auf dem Big-Screen erfolgreich machen, kommt man an Swisscom und UPC/sunrise nicht vorbei.
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Über TeraVolt:
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